Fehlender Schlaf hat Einfluss auf unser Wohlbefinden. Dies hat jeder von uns schon erlebt. Für die einen reicht bereits eine Nacht mit nur 5 Stunden Schlaf aus, um am nächsten Tag von jeder Kleinigkeit genervt zu werden. Für Andere stellt sich der Schlechte-Laune-Effekt erst nach ein paar Nächten mit Schlafmangel ein. Aber unabhängig davon, wie abgehärtet unser Organismus auf verkürzte Nächte reagiert, kein Mensch kann gänzlich auf den Schlaf verzichten.
Gesunder Life-Styl ohne Focus auf den eigenen Schlaf
Interessant ist, dass der seit Jahren im Trend liegende gesunde Life-Styl den Schlaf fast völlig außer Acht lässt. Immer mehr Menschen legen immer mehr Wert auf eine Lebensweise, die neben einer gesunden Ernährung eine regelmäßige Bewegung durch sportliche Aktivitäten berücksichtigt. Für diese beiden Säulen eines gesundheitsbewussten Lebensstils finden viele von uns Zeit, sei es für den Einkauf natürlicher Lebensmittel oder für den Besuch im Fitnessstudio. Gleichzeitig wird der eigene Schlaf als etwas betrachtet, das die Natur im Tagesverlauf nun einmal so vorgesehen hat. Auch diejenigen, die trotz einer gesunden Ernährung und regelmäßiger Bewegung von einem erholsamen Schlaf nur träumen können, nehmen sich in der Regel keine Zeit mehr, um sich mit der dritten Säule eines ausgeglichenen Lebensstils auseinanderzusetzen: dem eigenen Schlaf.
Der Schlafmangel im Focus der Wissenschaft
Wissenschaftliche Untersuchungen beschäftigen sich bereits seit längerer Zeit mit dem Schlafbedürfnis des Menschen und den Auswirkungen des Schlafmangels auf unsere Gesundheit. Dabei sind von der Wissenschaft noch längst nicht alle Fragen umfassend beantwortet worden. Aber die Forscher sind auf einem guten Weg. Eine Vielzahl von Forschungsprojekten auf der ganzen Welt hat sich in den vergangenen Jahren mit wichtigen Einzelbereichen des menschlichen Schlafes beschäftigt.
Schlafmangel und ansteckende Krankheiten
Das Immunsystem leidet darunter, wenn der Mensch zu wenig schläft. Darauf hat u. a. der Schlafmediziner Aric Prather von der Universität in Pittsburgh mit seinem Forscherteam hingewiesen. Im Jahr 2015 veröffentlichte Aric Prather die Ergebnisse von Untersuchungen, die in den Jahren 2007 bis 2011 durchgeführt wurden. In diesem Zeitraum wurden 164 Freiwillige (94 Männer und 70 Frauen) mit einem Alter von 18 bis 55 Jahren im Rahmen von Teiluntersuchungen jeweils für 6 Tage in einem Hotel im Bundesstaat Pennsylvania untergebracht und von der Außenwelt abgeschottet. Am ersten Tag wurde den Versuchspersonen Nasentropfen mit Rhinoviren verabreicht, die für die Auslösung von Erkältungen verantwortlich sind. In den darauf folgenden Tagen wurde untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen der Länge des Schlafes der Versuchspersonen und dem Ausbruch der Infektion gibt. Das Ergebnis: unter denjenigen Projektteilnehmern, die während der Untersuchung täglich weniger als 5 Stunden oder lediglich zwischen 5 und 6 Stunden schliefen, entwickelte sich eine klinisch nachweisbare Erkältung viermal häufiger als bei den Personen, die täglich mehr als 7 Stunden Schlaf hatten.
Die in dem oben besprochenen Forschungsbericht dargestellten Ergebnisse können aufgrund der begrenzten Anzahl der Versuchsteilnehmer nicht wirklich als repräsentativ bezeichnet werden, lassen aber aufhorchen: offenbar gibt es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Schlafdauer und der Anfälligkeit für Erkältungen, und dies unabhängig von Alter und Geschlecht.
Schlafmangel und Herz- Kreislauferkrankungen
Menschen, die über längere Zeit zu wenig schlafen, schaden ihrem Kreislauf. Darauf verweist eine Studie, die spanische Forscher rund um José Ordovás im Januar 2019 veröffentlichten. Dieser Bericht bezieht sich auf eine in Spanien unter fast 4.000 Bankangestellten (zwei Drittel Männer, ein Drittel Frauen) mit einem Durchschnittsalter von 46 Jahren durchgeführten Untersuchung. Dabei wurden die Versuchspersonen für sieben Tage u. a. mit einem Datenerfassungsgerät ausgestattet und in verschiedene Gruppen aufgeteilt, in denen unterschiedlich lange geschlafen wurde (weniger als 6 Stunden, 6 – 7 Stunden, 7 – 8 Stunden und mehr als 8 Stunden). Das Ergebnis: die Versuchspersonen, denen während des Experiments weniger als 6 Stunden Schlaf vergönnt war, wiesen eine bis zu 27% höhere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Arterienverkalkung in der Zukunft auf als diejenigen Projektteilnehmer, die 7 bis 8 Stunden schlafen durften.
Bei der Bewertung der oben dargestellten Untersuchungsergebnisse ist neben der auch hier (notwendigerweise) begrenzten Anzahl von Versuchspersonen zu beachten, dass die Projektteilnehmer einen Beruf ausüben, der mit einer nicht zu unterschätzenden Dosis Stress verbunden ist. Darüber hinaus wurden die Daten unmittelbar am untersuchten Menschen erfasst und nicht lediglich im Rahmen von Befragungen aufgenommen (dies betrifft auch das oben besprochene Forschungsprojekt mit den Rhinoviren). Umfragen haben den Nachteil, dass die von den Teilnehmern in den Fragebögen gemachten Angaben nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen müssen. Nicht wenige Versuchspersonen neigen zur Angabe von Informationen, von denen sie ausgehen, dass die Forscher sie lesen wollen. Die so gewonnenen Erkenntnisse sind dann jedoch nur begrenzt nachprüfbar.
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass es offenbar einen Zusammenhang zwischen der Schlafdauer und der für den menschlichen Kreislauf gefährlichen Ablagerung von Blutfetten und Kalkverbindungen in den Blutgefäßen gibt. Dabei ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass die Ursachen der Atherosklerose längst noch nicht alle bekannt sind.
Auf einen offensichtlich bestehenden Zusammenhang zwischen der Schlafdauer und dem späteren Entstehen von Herz-Kreislauferkrankungen verweisen auch schwedische Forscher um Moa Bengtsson. In einer über zwanzig Jahre andauernden Studie wurden über 750 Menschen im Hinblick auf ihr Schlafverhalten und auf sich entwickelnde gesundheitliche Probleme insbesondere im Herz-Kreislaufbereich beobachtet. Das Ergebnis: Bluthochdruck trat überwiegend bei den Personen auf, die über einen längeren Zeitraum hinweg fünf oder weniger Stunden Schlaf pro Nacht hatten (im Vergleich zu den Personen, die 7 bis 8 Stunden schliefen). Doch damit nicht genug: Moa Bengtsson geht davon aus, dass Menschen, die im Alter von 50 Jahren lediglich fünf und weniger Stunden pro Nacht schlafen, 20 Jahre später mit dem Auftreten einer Herz-Kreislauferkrankung rechnen müssen.
Die Erkenntnisse, die während der oben besprochenen Studien gewonnen wurden, geben sehr wichtige Hinweise darauf, welche negativen Folgen Schlafmangel auf die Gesundheit des Menschen hat. In den jeweiligen Untersuchungen können immer nur Teilbereiche des menschlichen Schlafes erforscht werden. Diese Ergebnisse setzen sich jedoch nach einer entsprechenden Anzahl von durchgeführten Forschungsprojekten zu einem Mosaikbild über den menschlichen Schlaf zusammen.